In den ver­gan­ge­nen Mona­ten hat der Fach­kräf­te­man­gel in der Schweiz erneut zuge­nom­men. Ins­be­son­de­re KMU ste­hen unter Druck. «Vie­le Per­so­nal­ab­tei­lun­gen suchen über Mona­te ver­ge­bens nach qua­li­fi­zier­ten Arbeits­kräf­ten», sagt Simon Lutz*, Part­ner der Lutz & Part­ner AG, Human Resour­ces. Mit dem recht­zei­ti­gen Gang zum Recrui­ter erspa­ren sich betrof­fe­ne Unter­neh­men lan­ge Vakan­zen, über­ar­bei­te­te Teams und wei­te­re Abgän­ge aus Frust und Über­las­tung.

Mitt­ler­wei­le lesen wir in den Medi­en fast täg­lich vom «Fach­kräf­te­man­gel». Ist die­ser wirk­lich so schlimm oder wird da auch eini­ges auf­ge­bauscht?
Die Zahl der Unter­neh­men, die ver­zwei­felt nach qua­li­fi­zier­ten Mit­ar­bei­ten­den suchen, hat in mei­ner Wahr­neh­mung tat­säch­lich stark zuge­nom­men. Noch vor eini­gen Jah­ren hät­te bei­spiels­wei­se ein Unter­neh­men auf der Suche nach einer Hoch­bau­zeich­ne­rin unse­re Leis­tun­gen als Recrui­ter kaum in Anspruch genom­men. Wir such­ten fast aus­schliess­lich Füh­rungs- und hoch­qua­li­fi­zier­te Fach­kräf­te. Heu­te ist die Situa­ti­on anders. Die Suche nach der Hoch­bau­zeich­ne­rin kann unter Umstän­den auf­wen­di­ger sein als die nach der Geschäfts­füh­re­rin.

Offen­bar ist der Fach­kräf­te­man­gel aber nicht in allen Bran­chen gleich gross.
Nein, beson­ders gross sind die Eng­päs­se im Inge­nieur­we­sen, in der Tech­nik, Infor­ma­tik, Human­me­di­zin und Phar­ma­zie. Dazu kom­men Manage­ment, Finanz- und Treu­hand­we­sen. Aber auch im hand­werk­li­chen Bereich, in der Logis­tik, im Bau oder in der Gas­tro­no­mie sind mar­kan­te Lücken vor­han­den.

Was raten Sie den betrof­fe­nen Unter­neh­men?
Arbeit­ge­ber müs­sen in den Spie­gel schau­en und sich ernst­haft fra­gen: War­um soll­te eine qua­li­fi­zier­te Per­son gera­de unser Unter­neh­men wäh­len? Das Ange­bot muss in der gan­zen Brei­te stim­men. Und wich­tig ist auch, wie wir uns auf dem Arbeits­markt prä­sen­tie­ren. Im Stel­len­in­se­rat bei­spiels­wei­se müs­sen die Wer­te und die Stär­ken des Unter­neh­mens genau­so zum Aus­druck kom­men wie die Vor­tei­le der aus­ge­schrie­be­nen Stel­le.

Was kommt noch dazu?
Die Art, wie sich ein Unter­neh­men auf dem Arbeits­markt prä­sen­tiert, muss glaub­wür­dig sein. Arbeit­neh­men­de sind heu­te gut infor­miert und ver­netzt, das erle­ben wir in unse­rer Arbeit täg­lich. Kon­kret bedeu­tet das: Ein Unter­neh­men kann sein Image nicht ein­fach mit einem krea­ti­ven Inse­rat auf­pep­pen, es muss sei­nen Ruf als Arbeit­ge­ber über lan­ge Zeit pfle­gen. Dann bleibt in aller Regel auch die Fluk­tua­ti­on nied­rig.

Wel­che Feh­ler machen Unter­neh­men bei der Suche nach Fach­kräf­ten?
Unter­neh­men sind gut bera­ten, ihre Kul­tur lau­fend zu hin­ter­fra­gen und wenn nötig zu ver­bes­sern. Sind unse­re Arbeits­be­din­gun­gen noch zeit­ge­mäss? Erfah­ren unse­re Arbeit­neh­men­den eine ange­mes­se­ne Wert­schät­zung? Pfle­gen wir eine gesun­de Feh­ler­kul­tur? Herrscht ein kol­le­gia­les Mit­ein­an­der? Wenn wir alle die­se Fra­gen mit «Ja» beant­wor­ten kön­nen, ver­fü­gen wir über sehr gute Vor­aus­set­zun­gen, um unser Team über lan­ge Zeit zu stär­ken.

Ist das in unse­rer kurz­le­bi­gen Zeit über­haupt noch rea­lis­tisch?
Ja. Gera­de heu­te war ich mit mei­ner Kund­schaft über Mit­tag in einem Ber­ner Restau­rant. Der «neus­te» Mit­ar­bei­ter ist hier schon seit 17 Jah­ren tätig. Und das im hek­ti­schen Gas­tro-Gewer­be! Die­ses Restau­rant macht zwei­fel­los vie­les rich­tig im Umgang mit sei­nen Mit­ar­bei­ten­den.

Abge­se­hen von Wert­schät­zung und Kul­tur – wel­che Stär­ken zeich­nen heu­te einen attrak­ti­ven Arbeit­ge­ber aus?
Wich­tig sind für die Mit­ar­bei­ten­den fle­xi­ble Arbeits­zei­ten oder die Mög­lich­keit, selb­stän­dig und auch von zu Hau­se aus arbei­ten zu kön­nen. Arbeit­ge­ber, die 80-Pro­zent-Pen­sen ver­wei­gern, haben es zuse­hends schwie­rig. Von gros­ser Bedeu­tung ist lei­der auch der Stand­ort eines Arbeit­ge­bers. Arbeit­neh­men­de sind heu­te nicht mehr ohne wei­te­res bereit, für eine Stel­le aufs Land zu zie­hen. Das macht die Rekru­tie­rung für vie­le länd­li­che Hand­werks­be­trie­be schwie­rig. Wich­tig sind zudem Wei­ter­bil­dungs- und lang­fris­ti­ge Kar­rie­re­mög­lich­kei­ten.

Wel­che Rol­le spielt der Lohn?
Der ist immer noch sehr wich­tig. Vie­le Unter­neh­men gehen nicht mit der Zeit und scheu­en den Ver­gleich mit Mit­be­wer­bern. Der Lohn muss den Erwar­tun­gen in der Bran­che ent­spre­chen.

Was raten Sie Ihren Kun­den sonst noch?
Bei Fach­kräf­te­man­gel emp­feh­len wir Unter­neh­men, nicht lan­ge zuzu­war­ten. Ein Man­gel an Per­so­nal führt schnell zur Über­las­tung der rest­li­chen Mit­ar­bei­ten­den, was wie­der­um Unzu­frie­den­heit för­dern kann. Mit uns an Bord spa­ren Kun­den Zeit, Kos­ten und Ner­ven. Natür­lich kön­nen auch wir Fach­kräf­te nicht ein­fach so aus dem Hut zau­bern – aber als exter­ne, erfah­re­ne und gut ver­netz­te Recrui­ter haben wir doch auch in schein­bar aus­sichts­lo­sen Situa­tio­nen Erfolg. Wir ver­fü­gen über die nöti­gen Instru­men­te und ken­nen die Pro­zes­se.

Wie hat der Fach­kräf­te­man­gel Ihre Auf­ga­ben als Recrui­ter ver­än­dert?
Ursprüng­lich such­ten wir in ers­ter Linie Füh­rungs­kräf­te und hoch­qua­li­fi­zier­te Per­so­nen. Die Suche nach Fach­kräf­ten ist als neu­es Geschäfts­feld hin­zu­ge­kom­men. Die Pfle­ge von Netz­wer­ken, per­sön­li­che Kon­tak­te und ein Ver­ständ­nis für die Bedürf­nis­se der Unter­neh­men blei­ben dabei wich­tig. An ers­ter Stel­le steht aber immer noch das Ver­ständ­nis für die Bedürf­nis­se des Unter­neh­mens.

Wie unter­stüt­zen Sie als Recrui­ter ein Unter­neh­men auf der Suche nach einer Fach­kraft?
Wir beglei­ten Unter­neh­men und Orga­ni­sa­tio­nen sicher und kom­pe­tent durch den Rekru­tie­rungs­pro­zess. Zudem erstel­len wir Per­sön­lich­keits­gut­ach­ten für Füh­rungs­kräf­te. Dabei ver­fü­gen wir nicht nur über Spe­zi­al­wis­sen, son­dern auch über ein gros­ses Netz­werk und eine umfang­rei­che Daten­bank. All das nut­zen wir auch auf der Suche nach Fach­kräf­ten. Wir arbei­ten sys­te­ma­tisch, trans­pa­rent und lie­fern unse­ren Kun­den eine struk­tu­rier­te und aus­sa­ge­kräf­ti­ge Beur­tei­lung. Effi­zi­enz kann übri­gens eine ent­schei­den­de Rol­le spie­len: Gute Kan­di­da­tin­nen und Kan­di­da­ten haben oft die Wahl zwi­schen ver­schie­de­nen Ange­bo­ten. Das Ren­nen machen am Ende gut bera­te­ne und vor­be­rei­te­te Unter­neh­men.

Simon Lutz* ist Part­ner der Lutz & Part­ner AG, Human Resour­ces, Bern. Seit über 30 Jah­ren unter­stützt das Unter­neh­men Kun­den bei der Suche und Selek­ti­on von Füh­rungs- und Fach­kräf­ten in der Schweiz und im grenz­na­hen Aus­land mit Recrui­tin­gs und Assess­ments.

Zoe­be­li Communications hat die­ses Inter­view für eine Bei­la­ge der Ber­ner Zei­tung ver­fasst.