Was macht ein Schwei­zer Indus­trie-Unter­neh­men erfolg­reich? Wie gelingt es, Inno­va­ti­ons­pro­zes­se über Jahr­zehn­te zu för­dern? Die­se und ande­re Fra­gen haben wir CEO Iwan Tresch von der Fischer Söh­ne AG gestellt. 

 

Herr Tresch, Fischer Söh­ne wird hun­dert Jah­re alt. Was bedeu­tet Ihnen die­ser Geburts­tag?
Sehr viel. Wir fei­ern die­ses Fest aus Respekt und in Dank­bar­keit gegen­über all den Men­schen, die auf ihre Wei­se zur erfolg­rei­chen Ent­wick­lung die­ses Unter­neh­mens bei­getra­gen haben. Gleich­zei­tig ist das Jubi­lä­um ein guter Anlass, um bewusst vor­wärts­zu­schau­en. Wo lie­gen unse­re Stär­ken? Wel­che Chan­cen bie­tet der Markt? Wohin wol­len wir uns wei­ter­ent­wi­ckeln? 

Nur ganz weni­ge Unter­neh­men wer­den hun­dert Jah­re alt. Was ist das Erfolgs­ge­heim­nis von Fischer Söh­ne?
Ich glau­be, das Geheim­nis liegt im Mut, Her­aus­for­de­run­gen anzu­ge­hen, in der Fähig­keit, zu ler­nen und sich wei­ter­zu­ent­wi­ckeln: Unse­re Vor­fah­ren fei­er­ten nicht nur Erfol­ge, sie stan­den auch immer wie­der vor gros­sen Her­aus­for­de­run­gen wie Lärm­kla­gen, Roh­stoff­knapp­heit oder man­geln­den finan­zi­el­len Res­sour­cen. Dabei ist es Fischer Söh­ne gelun­gen, die rich­ti­gen Wei­chen zu stel­len und Markt­chan­cen aktiv zu nut­zen. Das ist alles ande­re als selbst­ver­ständ­lich. 

Wie genau ist das gelun­gen?
Fischer Söh­ne ist über all die Jah­re ein dyna­mi­sches Unter­neh­men geblie­ben, mit einer schlan­ken Orga­ni­sa­ti­on und fla­chen Hier­ar­chien. Damit reagier­ten schon unse­re «Ahnen» schnell auf Ver­än­de­run­gen in der Gesell­schaft und im Markt. Heu­te ken­nen wir unse­re Stär­ken und wir wis­sen die­se zu nut­zen: Zum Bei­spiel im Medi­cal-Markt. Unse­re Ver­pa­ckungs­lö­sun­gen für medi­zi­ni­sche Sprit­zen – soge­nann­te Wan­nen und Nes­ter – haben wir über Jah­re in klei­nen Schrit­ten auf­ge­baut. Heu­te ver­trei­ben wir ein tech­no­lo­gi­sches Spit­zen­pro­dukt, her­ge­stellt in einer hoch anspruchs­vol­len Rein­raum­um­ge­bung. Das kann ein Start-up nicht ein­fach so schnell kopie­ren. Aber auch in der Her­stel­lung von Kanis­tern und ande­ren Ver­pa­ckungs­lö­sun­gen ver­fü­gen wir über gros­se Exper­ti­se. Wir wis­sen, wie man explo­si­ves Mate­ri­al auf­be­wahrt, wie man die Ver­duns­tung von ver­pack­ter Flüs­sig­keit redu­ziert und wie man Kunst­stoff­ver­pa­ckun­gen mög­lichst nach­hal­tig auf­baut. 

Hat Fischer die­se Inno­va­ti­ons­pro­zes­se gezielt geför­dert? Oder sind sie eher Zufall?
Alo­is Fischer star­te­te mit Blech­do­sen, zwi­schen­zei­tig stell­te das Unter­neh­men Papier­ge­fäs­se her und heu­te pro­du­zie­ren wir hoch­prä­zi­se Tei­le aus Kunst­stoff – ich den­ke, sol­che Ent­wick­lungs­schrit­te gelin­gen nur, wenn Men­schen ger­ne arbei­ten und wenn sie bereit sind, über­durch­schnitt­li­che Leis­tun­gen zu erbrin­gen. Heu­te ach­ten wir ganz bewusst auf eine Unter­neh­mens­kul­tur, die Inno­va­tio­nen för­dert. 

Was heisst das kon­kret?
Wer bei Fischer Söh­ne arbei­tet, soll dies ger­ne tun. Wir ver­lan­gen höchs­ten Ein­satz und Sorg­falt – aber bei uns darf auch gelacht wer­den. Nur in einer Atmo­sphä­re, in der jeder und jede eige­ne Ideen ein­brin­gen kann, ent­ste­hen nach­hal­ti­ge Lösun­gen. Ganz wich­tig ist mir dabei die Kommunikation – und zwar sowohl über hier­ar­chi­sche Stu­fen als auch über die ein­zel­nen Abtei­lun­gen hin­weg. Wir ken­nen uns hier alle mit Namen. Für spe­zi­el­le Kun­den­wün­sche suchen wir gemein­sam nach Lösun­gen. Fällt eine Maschi­ne aus, sind die zustän­di­gen Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen sofort zur Stel­le. Und ist ein Kun­de tat­säch­lich ein­mal nicht zufrie­den, neh­men wir die­se Infor­ma­ti­on sehr ernst und schau­en sofort, was wir ver­bes­sern kön­nen. 

Inwie­fern zeh­ren Sie dabei noch heu­te von der lang­jäh­ri­gen Geschich­te des Unter­neh­mens? Oder anders gefragt: Was unter­schei­det Sie von einem Start-up?
Der Risi­ko­be­reit­schaft und den Inves­ti­tio­nen unse­rer Aktio­nä­re ver­dan­ken wir viel: Fischer Söh­ne hat heu­te eine unter­neh­me­ri­sche Sub­stanz. Unse­re lang­jäh­ri­ge Geschich­te hat uns geprägt und gestärkt. Ein Unter­neh­men ist immer mehr als nur eine Fabri­ka­ti­ons­hal­le. Ein Unter­neh­men basiert auf Men­schen und ihrer Kul­tur. Wie begeg­nen wir unse­ren Kun­den? Wie fin­den wir die für sie opti­ma­len Lösun­gen? Und wie gehen wir intern mit­ein­an­der um? Selbst­ver­ständ­lich den­ken und han­deln wir nicht mehr wie die Geschwis­ter Fischer in den Sech­zi­ger­jah­ren des ver­gan­ge­nen Jahr­hun­derts. Aber die Kern­wer­te von Fischer Söh­ne sind wohl über die Jahr­zehn­te ähn­lich geblie­ben. 

Wie wür­den Sie die­sen Kern beschrei­ben?
Im Zen­trum unse­rer Unter­neh­mens­ge­schich­te steht kein Mate­ri­al, weder «Blech» noch «Kar­ton» noch «Kunst­stoff» – nein, Antrieb war die Suche nach inno­va­ti­ven und nach­hal­ti­gen Lösun­gen für unse­re Kun­den. Die­se Pas­si­on ist fes­ter Bestand­teil unse­rer DNA. In den ver­gan­ge­nen Jah­ren haben wir uns noch mehr in Rich­tung Markt ent­wi­ckelt. 

Die Geschwis­ter Fischer fuh­ren bei schö­nem Wet­ter noch das Heu ein, wäh­rend des Zwei­ten Welt­kriegs kämpf­te das Unter­neh­men mit Mate­ri­al­knapp­heit – vor wel­chen Her­aus­for­de­run­gen steht das Unter­neh­men heu­te?
Die Markt­la­ge ist auch heu­te unsi­cher. Alo­is Fischer hat­te 1939 Mühe, das nöti­ge Blech zu fin­den und auch heu­te müs­sen wir die Roh­stoff­be­schaf­fung wie­der sehr gut pla­nen und orga­ni­sie­ren. Eine wei­te­re Hür­de sind die hohen Ener­gie­prei­se. Um den stei­gen­den Anfor­de­run­gen unse­rer Kun­den auch in Zukunft jeder­zeit stand­zu­hal­ten, inves­tie­ren wir in die Digi­ta­li­sie­rung und die Auto­ma­ti­sie­rung unse­rer Pro­zes­se – zumal es heu­te für die Bran­che ganz all­ge­mein schwie­rig ist, die rich­ti­gen Nach­wuchs­ta­len­te zu fin­den. Ein wei­te­rer wich­ti­ger Ent­wick­lungs­schwer­punkt ist die Nach­hal­tig­keit. 

«Nach­hal­tig­keit ist uns seit Jah­ren ein wich­ti­ges Anlie­gen – das beginnt bei der Wahl des Mate­ri­als, geht über das Pro­duk­te­de­sign und endet bei der fach­ge­rech­ten Ent­sor­gung.»

Wie nach­hal­tig ist Fischer Söh­ne?
Umwelt­freund­li­che Lösun­gen sind uns seit Jah­ren ein wich­ti­ges Anlie­gen. Öko­lo­gie und Umwelt­schutz sind jedoch nicht unse­re ein­zi­gen Hand­lungs­schwer­punk­te im Bereich Nach­hal­tig­keit. Wich­tig sind uns auch «sozia­le Ver­ant­wor­tung» und «nach­hal­ti­ges Wirt­schaf­ten». Im sozia­len Bereich pfle­gen wir zum Bei­spiel hohe Stan­dards bei der Arbeits­si­cher­heit und beim Gesund­heits­schutz. Unter «nach­hal­ti­gem Wirt­schaf­ten» ver­ste­hen wir unter ande­rem das Ein­hal­ten der ent­spre­chen­den Geset­ze und Vor­schrif­ten. 

All die Jah­re pro­du­zier­te Fischer Söh­ne aus­schliess­lich in der Schweiz. Blei­ben Sie dem Stand­ort Muri auch in Zukunft treu?
Fischer Söh­ne ist im Kan­ton Aar­gau ver­wur­zelt. In den nächs­ten Mona­ten pla­nen wir einen wei­te­ren Aus­bau unse­rer Rein­raum­ka­pa­zi­tä­ten – das ist ganz klar ein Bekennt­nis zum Stand­ort Muri. Auch was unse­re Märk­te anbe­langt, bleibt die Regi­on wich­tig: Die Schweiz ist mit einem Anteil von 50 Pro­zent immer noch der gröss­te Absatz­markt. In der loka­len und regio­na­len Nach­fra­ge nach Ver­pa­ckungs­lö­sun­gen sehe ich wei­te­re Wachs­tums­mög­lich­kei­ten. 

Bli­cken wir in die Zukunft: 150 Jah­re Fischer Söh­ne – wie wird das Unter­neh­men aus­se­hen?
Wir leben in einer sehr schnell­le­bi­gen Zeit – Gesell­schaft und Tech­no­lo­gien ver­än­dern sich lau­fend. Wir wol­len die­se Pro­zes­se nicht nur beob­ach­ten, son­dern mit­ge­stal­ten. Zum Bei­spiel mit inno­va­ti­ven Lösun­gen für die Pro­blem­stel­lun­gen unse­rer Kun­den. Fischer Söh­ne ist heu­te her­vor­ra­gend auf­ge­stellt: mit fle­xi­blen, auf den Markt aus­ge­rich­te­ten Struk­tu­ren und einer top moder­nen Infra­struk­tur. Gros­ses Ent­wick­lungs­po­ten­zi­al sehe ich im Bereich Life Sci­en­ces. Wir lie­fern unse­re Pro­duk­te bereits heu­te bis in die USA und ent­wi­ckeln uns dabei immer stär­ker zum Anbie­ter von Gesamt­lö­sun­gen. Aber auch bei den ande­ren Ver­pa­ckungs­lö­sun­gen zeich­nen sich EU-weit Chan­cen ab. Wir ver­fü­gen über die Exper­ti­se, Kun­den­wün­sche indi­vi­du­ell und effi­zi­ent umzu­set­zen. Und genau das wer­den wir auch wei­ter­hin tun. 

Die­ses Inter­view mit Iwan Tresch, CEO der Fischer Söh­ne AG führ­ten wir im Rah­men eines Pro­jekts zum 100-Jahr-Jubi­lä­um des in Muri (Aar­gau) ansäs­si­gen Unter­neh­mens. Die von uns kon­zi­pier­te, geschrie­be­ne und gestal­te­te Bro­schü­re fin­den Sie hier.